Cherbourg die zweite

So, wie versprochen melden wir uns noch mit einem ausführlicheren Bericht aus Cherbourg. Mal wieder sind wir wie man so schön sagt „eingeweht“ und wissen noch nicht genau, wann sich das Wetter bessert, so dass wir den nächsten Schlag segeln können. Unser nächstes Ziel wird Brest sein, das „Sprungbrett“ über die Biskaya. Aber gerade sieht es so aus, als ob wir hier in Cherbourg noch ein oder zwei Tage bleiben werden.
Seit heute sind wir nur noch zu zweit unterwegs, da Marcus´ Urlaub sich leider dem Ende neigt und Alexa aufgrund von Zahnproblemen auch erstmal den Heimweg antreten musste. Hoffentlich handelt es sich nur um eine Kleinigkeit, so dass sie schon bald wieder zu uns stoßen kann.
Heute war an Bord auf- und umräumen, putzen und saubermachen angesagt. Jetzt können wir den Luxus genießen, jeweils eine eigene Kabine zu bewohnen, Johannes im Achterschiff und Martin im Vorschiff. Und unser Maskottchen Teddy der Papagei wohnt mit seinen drei Freunden, dem kleinen Tiger, dem kleinen Bär und dem Hund Navman in der Naviecke.
Heute regnet es in Strömen, da haben wir gestern mit dem Wetter für unseren kleinen Ausflug in die Stadt noch richtig Glück gehabt. Jetzt kann man kaum das Boot verlassen und die Arbeiten erledigen, die draußen noch so warten, aber vielleicht hat es sich ja bald ausgeregnet! Dann gibt es eben heute einen „unter Deck Tag“ mit Film gucken und lesen und später werden wir uns noch was Leckeres kochen.
So, und jetzt noch ein kurzer Rückblick: Da der Hafen in Calais hinter einer Schleuse liegt, die das Wasser bei Ebbe im Hafenbecken hält, mussten wir unsere Abfahrt nach der Tide und den Öffnungszeiten der Schleuse richten. Also hieß es rechnen: Laut Tidenkalender war das Hochwasser im Bezugsort Dunkerque am 28.09. um 15.03 Uhr Ortswinterzeit. Minus eine Stunde ergibt 14.03 UTC (Weltzeit), die Zeit nach der wir hier an Bord leben. Die zeitliche Tidenverschiebung vom Bezugsort Dunkerque nach Calais beträgt minus 20 Minuten, also ist das Hochwasser in Calais um 13.43 Uhr UTC. Die Schleuse öffnet zwei Stunden vor Hochwasserzeit, also um 11.43 Uhr UTC. Die Rechnung ist aufgegangen.
Aus der Schleuse heraus gab es ein kurzes Wiedersehen mit Sybille, Michael und Marin, unseren Stegnachbarn aus Zeebrugge, die vor dem Hafen winkend an einer Boje hingen.
Nachdem wir den Hafen verlassen haben hat uns erstmal eine Flaute erwartet, also ging es unter Maschine die französische Küste entlang. So langsam hat sich wieder eine Bordroutine eingestellt, nach dreistündiger Wache gibt es drei Stunden Zeit, seinen eigenen Bedürfnissen nachzugehen, Tages- und Nachtzeit beginnt keine Rolle mehr zu spielen.
Gegen Abend haben wir dann endlich ein bisschen Wind bekommen, konnten Segel setzen und die Maschine abstellen. Als der Wind konstant genug war, haben wir zum ersten Mal auf der Reise unsere Windfahnensteuerung, eine Art mechanischer Autopilot, installiert, die das Boot durch die Nacht steuerte.
Wir hätten zwar auch einen elektrischen Autopiloten an Bord, dieser würde aber auf Dauer zu viel Strom verbrauchen, daher setzen wir ihn nur unter Maschine ein, wenn die Batterien sowieso geladen werden. Auf unseren Stromverbrauch müssen wir sehr achten, sämtliche Verbraucher, die wir im Augenblick nicht benötigen, werden abgeschalten. Einmal am Tag laden wir die Batterien über unseren Windgenerator wieder auf, vorausgesetzt der Wind ist stark genug.
Bis zum nächsten Mittag waren uns Wind und Wetter gewogen, danach fing es an zu regnen und wollte auch gar nicht mehr aufhören. Als wir Cherbourg ca. dreißig Seemeilen querab hatten erwischte uns eine Kaltfront mit viel Wind, Welle und Regen. Einstimmig fiel die Entscheidung, Cherbourg anzulaufen anstatt bis nach Brest weiterzusegeln. Im Nachhinein die richtige Wahl, auch wenn wir hier jetzt erstmal festhängen. Da wir ja mit unserem Zuhause, der Ivalu reisen, lassen wir uns davon aber die gute Laune erst gar nicht verderben, sondern setzen heute einfach keinen Schritt mehr nach draußen!

Liebe Grüße von Martin und Johannes

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