34 Tage von den Philippinen nach Singapur

12.07.12
Wow, man mag es kaum glauben, aber wir haben es wirklich geschafft, den Absprung von den Philippinen! Nachdem uns beim ersten Versuch das Großsegel an einer ziemlich blöden Stelle gerissen ist und danach die Taifunwarnung uns dazu bewegt hat, nach Tablas zu segeln und uns dann auch noch der Kopf (obere Ecke) der Genua (großes Vorsegel) gerissen ist hatten wir selbst schon kaum mehr daran geglaubt, hier noch wegzukommen.
Und dann hat uns auch noch wirklich ein Taifun erwischt: Am Tag bevort wir nach Tablas gesegelt sind gingen wir noch zum Waschsalon und auf dem Rückweg zum Boot wurden wir spontan von Edward und Helen auf ihre Baustellenparty eingeladen. Ein Spanferkel und den ein oder anderen Rum and Coke später sind wir dann in Richtung Dinghi zurückgewankt und haben kurzerhand noch einen Absacker bei Antonio im Chicken Loop getrunken. Und als wir uns dann endlich aufmachen wollten, da hat ein kleines Kätzuchen auf unserem Wäschesack geschlafen. Kurzerhand haben wir sie Taifun getauft und mit an Bord genommen. Somit hatten wir am nächsten Tag nicht nur einen Kater sondern auch noch eine kleine Katze... Naja, wir haben sie erstmal mit nach Tablas genommen und uns gedacht, dass wir sie, wenn wir wieder zurück nach Boracay kommen, immer noch wieder an Land bringen können. Aber dazu ist es nicht gekommen, zurück in Boracay sind wir mit ihr zum Tierarzt, der hat ihr die nötigen Spritzen gegeben und uns Papiere ausgestellt, dass wir bei der Einreise in andere Länder keine Probleme bekommen. Und so segeln wir jetzt zu Dritt in Richtung Singapur. Aber keine Sorge, das wird hier jetzt kein ach-wie-süß-ist-unsere-Katze-Blog sondern bleibt ein Weltumsegelungsblog.
Seit wir in Boracay losgesegelt sind hatten wir, wenn überhaupt, nur sehr leichten Wind und dazu noch aus der falschen Richtung. Ein-bis zweimal pro Nacht rauscht ein Squall durch, und da unser Großsegel ja schon sehr altersschwach ist, müssen wir es dann immer komplett bergen. Trotzdem haben wir schon wieder einen Riß im Segel, ca. 50 Zentimeter entlang des Achterlieks (hintere Kante des Segels). Den haben wir erstmal notdürftig getapet, was vorerst hoffentlich hält. In Langkawi (Malaysia) werden wir alle unsere Segel zum Segelmacher geben und reparieren bzw. nachnähen lassen. Hoffentlich ist unser Groß noch zu retten, so dass es auch den Rest der Reise übersteht.
Gestern hatten wir Besuch von einem kleinen Vogel, der sich an Bord ausgeruht hat. Er war so zahm, dass er auf dem Finger und auf der Schulter gesessen ist. Als wir ihn aber fürs Foto auf die schlafende Katze setzen wollten, da hat er dann das Weite gesucht. Auch hat uns ein neugieriger ziemlich großer Marlin ein paar mal umrundet. Wir standen dann noch eine ganze Zeit draußen, in der Hoffnung, ihn nochmal zu sehen, aber er hat dann wohl einen anderen Weg eingeschlagen.
Im Moment schaukeln wir mit drei Knoten Geschwindigkeit und 200 Grad Kompasskurs ca. 70 Seemeilen westlich der Küse Palawans, es sind noch etwas über 1000 Seemeilen nach Singapur. Bei dieser Geschwindigkeit und mit Gegenwind und-strom noch ganz schön weit. In einer halben Stunde geht die Sone unter und bis dahin sollte auch unser Brot fertiggebacken sein. Dann gibt´s Sundowner im Cockpit und dazu frisches Brot. Danach dann Nachtwachenrhytmus, Martin bis ca. 2 Uhr und Cori von 2 bis 9.
16.07.12
Es ist nicht viel passiert die letzten Tage, wenig Wind, viel Sonne und vereinzelte Squalls und Regenschauer. So sehen auch unsere Tagesetmale aus: 34, 41, 56 und 46 Meilen die letzten Tage. Leider aber immer gegen den Wind, so dass wir nur knapp über 100 Meilen wirklich in Richtung Singapur gutgemacht haben. Seit heute Morgen hat aber, wie vom Wetterbericht angekündigt, wieder etwas Wind eingesetzt, so dass sich unsere Etmale hoffentlich etwas verbessern werden.
Das ruhige Wetter gibt uns allerdings die Möglichkeit, unsere Gourmetwünsche so richtig auszuleben. In einer ruhigen Küche kocht sich´s einfach besser als bei Seegang. So backen wir regelmäßig frisches Brot und kochen lecker. Zitonen-Apfel-Weißweinrisotto, Tomatencremesuppe nach Mamas Rezept, Omelettes sämtlicher Variationen zum Frühstück und heute gab´s sogar Pizza nach Ivalu-Spezialrezept.
Der kleine Vogel kommt uns mittlerweile regelmäßig besuchen und bringt auch immer wieder seine Kumpels mit.
Jeden Tag kalkulieren wir unsere Seemeilen bis Singapur und rechnen, ob wir es rechtzeitig schaffen, um Coris Mama vom Flughafen abzuholen und außerdem Coris Freundin Ursula zu treffen. Es wird auf jeden Fall knapp, aber wir sind guter Dinge.
19.07.12
Sturm. Seit 12 Stunden haben wir nur noch die gereffte kleine Fock oben und versuchen, nicht allzu viele gutgemachte Seemeilen wieder zu verschenken. Gestern haben wir kaum Seemeilen gutgemacht, da wir immer wieder bei starken Squalls alle Segel bergen mussten. Wir sind im Moment auf Höhe Balabac, der kleinen Insel zwischen Palawan und Borneo. Mittlerweile hat sich auch eine ganz ansehnliche Welle aufgebaut, die uns ordentlich durchschüttelt. Das Gourmetprogramm erfährt für´s Erste eine Pause, jetzt beschränken wir uns auf die einfachsten Gerichte: Anrührkartoffelbrei mit einer Dose Gemüse, Griesbrei oder Fertiggerichte aus der Dose. Die Zeit geht mit Lesen und Musikhören rum. Unter Deck ist es ziemlich gemütlich, während draußen der Sturm die Gischt übers Deck peitscht lümmeln wir im Salon und arbeiten uns durch die Bordbibliothek. Gott sei Dank haben wir in Boracay noch ein paar Bücher getauscht. Im Moment lesen wir gerade "Great voyages in small boats" und "die Päpstin".
23.07.12
Es ist windig geblieben die letzten Tage. Palawan haben wir endlich hinter uns gelassen und sind über die Balabac-Strait in Richtung Borneo gesegelt. Die Balabac Strait, die Meerenge zwischen Philippinen und Borneo, ist für seine Schmuggler bekannt. Alkohol in die eine Richtung und Sprit in die Andere. Die Schmuggler und die Schiffe, die den zollfreien Hafen Labuan auf Nordborneo versorgen, ziehen natürlich auch Piraten an. Trotz dass sich diese Piraten nicht auf kleine Segelyachten wie uns konzentrieren erschien es uns sinnvoll, einen Bogen um dieses Gebiet zu schlagen. Trotzdem sind wir bei jedem Fischerboot, das wir gesichtet haben, skeptisch geblieben. Ein solcher Fischkutter ist eine ganze Zeitlang nachts neben uns hergefahren und hat uns mit einem Scheinwerfer angeleuchtet. Schließlich sind sie vor unserem Bug vorbeimotort, so nah, dass wir einzelne Personen auf dem Schiff erkennen konnten und hat danach ein Beiboot ausgesetzt, das uns gefolgt ist. Ob es nur neugierige Philippinos waren oder ob das Beiboot ein Fischenetz ausgebracht hat oder ob sie es tatsächlich irgendwie auf uns abgesehen hatten - keine Ahnung. Wir haben jedenfalls sämtlich Lichter gelöscht und unseren Kurs geändert, bis das Fischerboot samt Beiboot hinterm Horizont verschwunden ist. Erst dann haben wir unser weißes Rundumlicht im Masttopp wieder angeschalten.
Noch 680 Seemeilen bis Singapur. Wir machen trotz Wind nur ca. 35 Meilen am Tag gut, die starke Gegenströmung und das endlose kreuzen machen es uns nicht gerade leicht.
Gestern hat uns ein großer Frachter überholt, der seinen Kurs extra geändert hat um möglichst knapp an uns vorbeizufahren. Wir saßen gerade auf unserem "Sonnenbalkon" neben der Sprayhood mit einem Becher Rotwein, als Captain und Crew uns von der Brücke aus zugewunken haben. Er ist auch auf dem Weg nach Singapur, kommt dort aber vermutlich morgen schon an... Für uns werden es noch ca. 15 Tage sein.
Kurz darauf ging ein heftiger Ruck durch das Schiff und die Genua fängt an zu schlagen. Der Kopf des Segels, den wir erst in Tablas haben nähen lassen, ist wieder gerissen. Also Genua runter, Fock hoch und weiter. Sobald die Welle etwas nachlässt werden wir das Segel reparieren, bis dahin sind wir ganz gut mit Groß und Fock unterwegs.
28.07.12
Die Tage dümpeln so dahin. Der Wind ist etwas beständiger geworden und weht seit drei Tagen relativ konstant aus Süd-West. Die Windrichtung ist zwar nicht gerade optimal, da wir nach Süd-West müssen und 10 Knoten Wind sind noch nicht die Masse, aber wir wollen uns nicht beschweren.
Dass wir gegen den Süd-West-Monsun kreuzen müssen haben wir ja schließlich schon davor gewusst, und hätten wir nicht in Micronesien, Palau und den Philippinen so viel Zeit verbracht, dann hätten wir auch noch mit schönem Nord-Ost-Monsun unterwegs sein können. Aber die Zeit in diesen Länder war es wert!
Wir haben im Moment ca. 1,5 Knoten Gegenströmung und segeln somit über Grund nur mit ca. 2,5 bis 3 Knoten Speed. Das heißt ca. 60 Seemeilen am Tag, davon effektiv in Richtung Singapur nur ca. 35 Meilen. Die Genua haben wir genäht, der Kopf reißt so schnell nicht mehr aus.
Uns geht´s gut, wir genießen die Überfahrt (wirklich!) und freuen uns aber auch schon, bald wieder festen Grund unter den Füßen zu haben.
03.08.12
Der Wind hat zu unseren Gunsten gedreht und beschert uns besseres Vorankommen. Mittlerweile sind wir nördlich vom Westende Borneos und können fast direkten Weg nach Singapur segeln. Es sind noch 260 Seemeilen. Je näher wir der Metropole kommen, desto mehr Schiffe sichten wir. Dösen in den Nachtwachen und alle 15 Minuten ein Rundumblick reicht nicht mehr aus, da wir manchmal mehrere große Frachter in Sichtweite haben. Wir sind froh über unser AIS-System, mit dem wir Schiffe, die auch AIS haben, wie z.B. die ganze Berufsschifffahrt, mit Kurs, Geschwindigkeit und Schiffsname identifizieren können. Somit können wir bei Bedarf die Schiffe direkt anfunken um auf uns aufmerksam zu machen. Wir haben zwar unser weißes Rundumlicht im Mast, jedoch scheint der Vollmond zur Zeit so hell, dass wir uns gar nicht sicher sind, ob die Großen unsere Funzel sehen. Unsere rot-grünen Positionslichter am Bug hat die Tage im Sturm eine Welle abgerissen, um Ersatz müssen wir uns in Singapur kümmern.
Am 29. war Coris Geburtstag, den wir mit Pizza und Schokopudding und natürlich Geburtstagsgeschenken in kleiner Runde (wie auch sonst...) gefeiert haben.
Vorgestern hatten wir eine regelrechte Vogelinvasion an Bord. Ca. 50 kleine schwarze Vögel haben sich die Ivalu als willkommenes Nachtlager auserkoren, es sich auf Reling und Fockschoten bequem gemacht und unser Deck vollgeschissen. Taifun hat mit mäßigem Erfolg seinen Jagdinstinkt entwickelt.
Außerdem wird die Ivalu von vielen bunten kleinen und auch großen Fischen begleitet, die schon seit Tagen treu an unserer Seite schwimmen. Zur Abwechslung kommen regelmäßig Delfine, die an der Bugwelle spielen und kunstvolle Sprünge zum Besen geben.
11.08.12 - WIR SIND DA!!!
Die letzten Tage waren Streß pur! Da ist der Panamakanal ein Witz dagegen. Abertausende von Schiffen drängen sich durch die enge Singaporestrait, nochmal so viele liegen zu beiden Seiten der Wasserstraße vor Anker. Die Nacht vom 09. auf den 10. haben wir gar nicht geschlafen sondern nur am Funkgerät gesessen und das AIS beobachtet. Dazu draußen Ausguck gehen und aufpassen, dass keiner zu nahe kommt. Die Schiffe sind bis zu 350 Meter lang und mit teils gut über 20 Knoten unterwegs. Kanal 16 am Funk läuft heiß und manchmal kommen uns die Großen schon beängstigend nahe. Spannend war die Überquerung des Verkehrstrennungsgebiets. Das kann man sich ungefähr so vorstellen, wie wenn man mit Krücken die Vierspurige A8 zur Hauptverkehrszeit überqueren muss. Ist aber alles gut gegangen, kurz vor Singapur hat dann der Wind nachgelassen und wir haben eine Nacht vor dem Südende des malaiischen Festlanes geankert, um die letzten Meilen bei Tageslicht zu segeln. Dann Clearance. Hier ist nichts mit pazifischer Ruhe und gemütlichem Kaffeetrinken an Bord mit den Immigrationofficers. Man bekommt über Funk eine genaue Position, wo man zu ankern hat, dann kommt das Schiff der Immigration und übernimmt via Käscher Pässe und Papiere. Fünf Minuten später ist alles passiert, die Papiere und die gestempelten Pässe werden im Käscher zurückgereicht und man ist offiziell eingereist. Der Rest wir an Land im Büro der Port Control erledigt.
Jetzt liegen wir an einer Boje im Nord-Osten von Singapore Island und genießen unser erstes kaltes Bier seit 34 Tagen.
Wow, endlich da, und das auch noch rechtzeitig! Coris Mama kommt am 14. an und Ursula und Tetsuro haben uns schon am Ufer erwartet!
Viele liebe Grüße senden Euch Cori und Martin!

Kommentare

  1. hallo Ihr Zwei,

    immer noch schön Euch zu "verfolgen" und Eure Neuigkeiten zu lesen.

    Alles Gute weiterhin für Euch!!!

    :-)
    Jeanette

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  2. Schön wieder von Euch zu hören oder besser zu lesen,obwohl ja auch immer Eure Position im Blog erscheint.Man hätte denken können Ihr seit auf den Hund gekommen, war aber doch nur `ne Katze.
    Viel Spass in Singapur
    Es grüssen Euch die Buschis

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  3. Hi Ihr Zwei,

    Chapeau, das habt Ihr klasse gemacht! Irgendwie fühlen wir uns ein wenig mitschuldig an dem langen Trip, nachdem wir Euch in Fiji empfohlen haben, nach Mikronesien statt nach Neuseeland zu segeln. Aber Ihr schreibt ja zum Glück selbst, dass es sich gelohnt hat ;-)

    Viel Spaß weiterhin! Und jetzt erstmal gute Erholung!!

    Volker & Michaela
    SY LA GITANA
    www.seezigeuner.de

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  4. ach wie süß ist eure Katze ;) Schön, dass ihr wieder Land unter den Füßen habt, freu mich aufs baldige skypen!! Lg Babsi

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